Lotsen für Senioren im Digitalzeitalter – nur jeder Zweite über 65-Jährige richtig fit für’s Internet

Lotsen für Senioren im Digitalzeitalter – nur jeder Zweite über 65-Jährige richtig fit für’s Internet

Saarbrücken – E-mails und Videokonferenzen statt Briefe oder Telefonanrufe, Whats app-Nachrichten statt echter Kontakte, Behördengänge, Schwimmbad- und Veranstaltungsbesuche nur noch mit Internet-Anmeldung: Was für jüngere Menschen längst Alltag geworden ist, stellt für viele ältere Menschen im Digitalisierungszeitalter ein immenses Problem dar. So ist bislang nur etwa jeder Zweite im Seniorenalter regelmäßig im Internet unterwegs, während den anderen meist Geld, Fähigkeit oder Wissen dazu fehlt, hieß es am Mittwoch bei einer hochrangig besetzten Online-Veranstaltung des Landesseniorenbeirates zum Thema: „Ältere Menschen und Digitalisierung“. Angeführt von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und der neuen Bundesvorsitzenden der BAGSO-Seniorenorganisation, Regina Görner, diskutierten dabei Experten im Saarbrücker Schloss, wie die Digital-Hürden für Ältere beseitigt werden können.

Von rund 300 ehrenamtlichen und speziell ausgebildeten Digitallotsen, die in Rheinland-Pfalz zu älteren Menschen nach Hause kommen und sie in Computer und Co.-Handhabung unterweisen, bis zu den bereits bestehenden 16 und weiteren geplanten 7 virtuellen Mehrgenerationenhäusern im Saarland reichten die Lösungsvorschläge. Doch für virtuelle Mehrgenationenhäuser braucht man bereits einen Internetzugang. Dabei haben etliche Seniorenheime im Land nicht einmal kostenloses W-Lan für die Heimbewohner. Und selbst Senioren mit Smartphone fragen sich: Was bedeutet es, wenn auf dem Display plötzlich zu einem Software-Update aufgefordert wird oder andere englische Wörter im mehr französisch geprägten Saarland auftauchen?, sagte die neue BAGSO-Chefin und Ex-Saar-Ministerin Görner. „Viele Ältere fühlen sich allein gelassen in dieser digitalen Welt“, brachte es dann der Vorsitzende des Mediennetzwerkes Saar-Lor-Lux, Gerd Bauer, auf den Punkt.

„Wir müssen die Digitalisierung mit den Bedürfnissen der älteren Menschen zusammenbringen“ betonte Ministerpräsident Hans: „Mit der Digitalisierung kann in der Verwaltung vieles schneller und zugänglicher werden…Aber es darf keine Zwangsmodernisierung und Digitalisierungspflicht von Bürgern geben“. Der Saar-Regierungschef warb dabei ebenso für den Ausbau des schnellen Glasfaser-gestützten Internets im Saarland wie für Weiterbildungsmöglichkeiten für Senioren über Volkshochschulen und andere Bildungseinrichtungen. „Selbst mit 85 kann man noch Online-Computerspiele machen“, meinte er. Fakt ist allerdings, dass aktuell nicht einmal jeder Fünfte über 80-Jährige im Land überhaupt im Internet surfen kann. Eine Erklärung der Experten dafür: „Ein Drittel der Senioren leben alleine in einem Ein-Personen-Haushalt“.

Als Sofortmaßnahme kündigte Mediennetzwerk-Chef Bauer an, demnächst auch einen virtuellen Mehrgenerationenbus für Hilfestellungen für Senioren über Land zu schicken. Die Seniorenorganisation Europ’age Saar-Lor-Lux ist zudem dabei, im Rahmen des Digitalpakts das Projekt ehrenamtlicher Digitallotsen (Digibos) aufzugreifen. Auch Onlineland Saar und andere Partner des von Landesseniorenbeirat-Chef Lothar Arnold initiierten Gesamtprojekts arbeiten an neuen Lösungsansätzen. Für die IT-Wirtschaft wäre es Aufgabe, ein nur per jeweils einfachem Tastendruck oder Spracheingabe zu bedienendes seniorengerechtes Tablet oder Smartphone zu schaffen, das sofort Zugang zu E-Mail, Videotelefonie, Kontaktchat, Rathaus, Arzt oder Apotheke bietet. Dann könnte die Digitalisierung auch für immer mehr Senioren wichtiger Unterstützer und Helfer gegen Einsamkeit sein.  „Wir müssen die Digitalisierung an den Menschen bringen, aber es wird immer Menschen geben, die das nicht können oder wollen“, sagte Saarbrückens Regionalverbands-Präsident Peter Gillo (SPD):  „Deshalb brauchen wir auch noch eine Impf-Hotline zum Anmelden“. Aber er und Lothar Arnold, Vorsitzender des Landesseniorenbeirats Saarland, ermuntern auch Senioren im eigenen Interesse im IT-Zeitalter mehr mitzumachen. Denn, so Arnold: „Ob Banken, Versicherungen, Gesundheitswesen oder Handel: Überall ist Digitalisierung hoch angesiedelt“.

Udo Lorenz